Die Leber das unbekannte Super-Organ

Ist man gesund, merkt man sie so gut wie gar nicht. Die Leber macht erst Probleme, wenn es ihr wirklich nicht mehr gut geht. Dann kann es aber rasch gefährlich werden. 

 

Dieses komplexe, rund 1,5 kg schwere Organ, das eine Fülle an lebenserhaltenden Aufgaben zu leisten hat, kann im Falle des Versagens – im Gegensatz zu Niere, Lunge oder Herz - durch keine Maschine ersetzt werden. Stellt die Leber ihre Tätigkeit ein, fällt der Mensch ins Koma. Seine Überlebenszeit beträgt wenige Stunden. Helfen kann dann nur noch eine möglichst rasche Transplantation. Rund 160 Betroffene sind es derzeit pro Jahr in Österreich, die ihr Weiterleben einem Spenderorgan zu verdanken haben. Etwa 90 Prozent von ihnen sind ein Jahr nach der Organverpflanzung noch am Leben, nach fünf Jahren sind es ca. 75 Prozent. Die Wartezeit bis zum Transplantationstermin beträgt derzeit im Schnitt sechs Wochen. Für etwa 20 Prozent der Wartenden geht es sich zeitlich nicht mehr aus, sie sterben in der Wartefrist an Leberversagen. Eine gesunde Leber kann, da sie so groß ist, zwei Patienten das Leben retten. Eine Hälfte des gesunden Lebergewebes reicht in der Regel zum Überleben. Wie komplex dieses Organ im Vergleich zu anderen ist, bringt der Leberexperte Markus Cornbera von der Medizinischen Hochschule Hannover recht anschaulich auf den Punkt: „Was ist schon das Herz? Ein Pumpe“, zieht er den Vergleich, „die Niere? Ein Filter. Die Leber ist dagegen eine schier unüberschaubare Fabrik mit einer riesigen Palette an Leistungen“. 

 

Die Leber – das Stoffwechsel-Zentralorgan

Sie ist neben der Niere das wichtigste Organ für die Entgiftung des Körpers. Wobei die Leber als Zentrale des Körpers für den gesamten Stoffwechsel gilt. Jeden Tag fließen rund 2000 Liter Blut durch dieses Organ. Zum Beispiel über die Pfortader wird der Leber nährstoffreiches Blut aus dem Darm zugeführt. Daraus werden Nährstoffe entnommen, weiterverarbeitet und dem Körper in den verschiedensten Formen und chemischen Verbindungen zur Verfügung gestellt. Giftstoffe jeder Art – Alkohol, Medikamente, Nikotin etc. - werden unschädlich gemacht, abgebaut und aus dem Organismus entfernt. Aus den Nährstoffen produziert die Leber viele verschiedene Eiweißstoffe. Dazu zählen etwa Blutgerinnungsfaktoren, Eiweiße für das Abwehrsystem (Komplementsystem), Akute-Phase-Proteine, wie etwa CRP, das im Rahmen einer Entzündung stark ansteigen kann und den Körper bei der Abwehr unterstützt, oder auch das Transportprotein Albumin.

Die Leber spielt darüber hinaus eine entscheidende Rolle im Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel. Sie nimmt Glucose aus dem Blut auf und kann diese speichern falls gerade kein Bedarf besteht. Die Leber kann auch Nahrungsfette aufnehmen und in Speicherfett umwandeln oder als Energielieferant verwenden. Außerdem kann sie aus Fetten das Grundgerüst für bestimmte Hormone oder Cholesterin herstellen. Die Leber produziert täglich bis zu 600 ml Gallenflüssigkeit, die der Verdauung von Fetten dient. 

Sexualhormone (Östrogen, Testosteron), Wachstumshormone (IGF-1), aber auch Insulin und Glukagon werden in der Leber abgebaut. Andererseits werden etwa Schilddrüsenhormone oder das wichtige Vitamin D in der Leber aktiviert.

 

Zuviel ist ungesund – was die Leber „fett“ macht

Abgesehen von viralen Erkrankungen wie die verschiedenen Hepatitis-Varianten, gegen die man sich in einigen Fällen durch eine Impfung oder durch strikte Hygiene und Vorsicht bedingt schützen kann, ist es vor allem eine ungesunde Lebensweise über Jahre oder Jahrzehnte, die der Leber Probleme machen kann. Obwohl sie sehr viele Sünden ver-zeiht, sich sehr rasch regeneriert und neues Lebergewebe aufbaut, kann es ihr eines Tages zu viel werden, was ihr ständig zugemutet, bzw. über den Darm und über das Blut zugeführt wird. Der Wohlstand in unseren Breiten hat indirekt die Fettleber zur häufigsten Lebererkrankung gemacht, bis zu einem Viertel der erwachsenen Bevölkerung soll in Österreich davon betroffen sein. Meistens unwissentlich, da die Fettleber sehr lange kaum Symptome entwickelt, lediglich ein leichtes Druckgefühl im rechten Oberbauch oder Abgeschlagenheit kann sich bemerkbar machen. Besteht über längere Zeit eine Fettleber, kann sich daraus eine lebensbedrohliche und irreversible Leberzirrhose entwickeln. Um die Hauptursache für die Fettleber zu benennen, genügt ein Wort: Zuviel – und zwar von so gut wie allem, was den meisten schmeckt und im Überfluss vorhanden ist. Zuviel Fett, Kohlenhydraten, Zucker, Alkohol, Nikotin usw. Vor allem der lange unterschätzte Fruchtzucker (Fructose), der reichlich in so gut wie allen süßen Fruchtsäften, aber auch versteckt in zahlreichen Fertigprodukten enthaltenist, macht der Leber Probleme und sollte unbedingt gemieden werden – auch der Figur wegen übrigens. 

Aber auch die viel zu vielen Kohlenhydrate, die dem Körper ständig zugeführt und mangels ausreichender sportlicher Betätigung nicht verbrannt werden, lagert die Leber in Form von Glucose in ihrem Gewebe ein – und wird dabei immer fetter, schwerer und krank.

 

Kein Alkohol wäre schon eine Lösung

Viel öfter als bislang angenommen, so hat gerade eine aktuelle Studie der Med-Uni Wien unter der Leitung von Univ-Prof. Michael Trauner ergeben, ist übermäßiger Alkoholkonsum die Ursache einer Fettleber: in rund 30 Prozent aller Fälle spielte der Alkohol die Hauptrolle. Weil die meisten Betroffenen bei Befragungen ihren tatsächlichen regelmäßigen Alkoholkonsum nicht korrekt angeben, hat das Team von Prof. Trauner mit Haaranalysen gearbeitet und so die Wahrheit ans Licht gebracht. 

Bei Männern genügt schon eine tägliche Dosis von 60 g Alkohol, bei Frauen von 30 g Alkohol über einen längeren Zeitraum, um Leberprobleme zu bekommen. Dies entspricht ungefähr 0,6 bzw. 0,3 l Wein oder 1,5 bzw. 0,75 l Bier. Wobei Prof. Trauner auch da seine Zweifel hat, was die tatsächlich verträgliche Mengen an täglichem Alkohol betrifft: „Aktuelle Studien gehen von deutlich geringeren potenziell schädlichen Alkoholmengen von 10-20 g Ethanol/Tag aus, über denen eine alkohol-assoziierte Lebererkrankung nicht sicher ausgeschlossen werden kann“, so Trauner.                             

 

von Alfons Gann

 

Foto: shutterstock

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