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Von Lebensplänen, Krisen und der Kraft der Bildung

von Dr. Gunter Graf

Wir alle verfolgen in unserem Leben größere und kleinere Ziele und haben somit, wie es manche Philosophen ausdrücken, eine Vorstellung des guten Lebens. Unmittelbar verbunden damit ist die Frage, wie man leben will. Und diese Frage geht einher mit dem, was man einen „Lebensplan“ nennen kann – ein Plan, der Orientierungen vorgibt und Ziele definiert, die man erreichen will. Wie umfangreich, weitreichend und explizit solche Lebenspläne formuliert werden, variiert stark und ist natürlich abhängig von der konkreten Lebensphase, in der man sich befindet. Doch operiert jede*r von uns – bewusst oder unbewusst – mit solchen Plänen. 

Beschleunigung und Stillstand

Nun ist es aber so, dass unser Lebensweg nicht immer geradlinig und „nach Plan“ verläuft. Wir leben zwar in einer Zeit, in der viel machbar und kontrollierbar geworden ist – man denke nur an den wissenschaftlich-medizinischen Fortschritt oder die rechtlichen und sozialstaatlichen Absicherungen, wie sie in modernen Demokratien üblich sind. Doch sollten diese Errungenschaften nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir in einer Gesellschaft leben, die von rasanten Entwicklungen, Umbrüchen und seit dem Auftreten von COVID-19 parallel dazu auch ungewolltem Stillstand gekennzeichnet ist. Wir leben sozusagen „zwischen Beschleunigung und Stillstand“, ein Umstand, der mit vielen gesellschaftlichen, beruflichen sowie privaten Unsicherheiten einhergeht und dem wir uns in St. Virgil in der diesjährigen Auflage der Reihe „Zeitkrankheiten“ in Vorträgen und Workshops widmen. Zudem sind wir als Menschen generell zutiefst verletzliche und somit auch krisenanfällige Wesen. Physische und psychische Krankheiten, Todesfälle und andere Verluste, Beziehungsprobleme, Diskriminierungserfahrungen oder unvorhergesehene Ereignisse können zu existentiellen Krisen und Orientierungsverlust führen. 

Orientierung

Krisen sind besondere Momente für unsere Lebenspläne. Sie können dazu führen, dass wir unsere Ziele aus den Augen verlieren und Schwierigkeiten haben, das zu verfolgen, was uns wirklich wichtig ist. In manchen dieser Fälle kann es helfen, sich auf seinen ursprünglichen Lebensplan zu besinnen und im „Alten“ Kraft und Bewältigungsstrategien zu finden. Oftmals sind Krisen aber auch Anlässe, um sich neu zu orientieren, was mit Änderungen und Anpassungen im Lebensplan verbunden sein kann. Ob Rückbesinnung, Neuorientierung oder eine Mischung von beiden – es braucht gewisse Fähigkeiten, damit diese Prozesse gelingen und Gelegenheiten, an denen sie gelernt und ausgeübt werden können. Dabei kann uns die Philosophie wertvolle Impulse geben, wie die philosophische Praktikerin Cornelia Bruell in ihrem Seminar „Über die Krise zum Selbst“ zeigt. Lebensbegleitende Bildung verbunden mit den Orten, an denen man sich ihr widmen kann, spielt für die Ausbildung dieser Fähigkeiten eine entscheidende Rolle. Sie unterstützt Menschen dabei, herauszufinden, welche Ziele, Menschen und Tätigkeiten einem wirklich wichtig sind und darüber zu reflektieren, was das für seinen Lebensplan bedeutet. Sie kann z.B. helfen, „Energiepolster zu hamstern“ und Strategien zu entwickeln, wie man in herausfordernden Zeiten Ruhe bewahrt. Auch dazu gibt es in St. Virgil mit Ingeborg Ewald ein ganz konkretes Angebot.