In der Ruhe liegt die Kraft

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von Thomas Neuhold

Der Skitourensport boomt wie nie zuvor. Neben der sportlichen Herausforderung bieten die winterlichen Berge auch Ruhe-, Regenerations- und Rückzugsräume. 

Die alten Hasen unter den Skibergsteigern und Skibergsteigerinnen werden jetzt zustimmend nicken: Hätte vor drei Jahrzehnten jemand erzählt, dass Pisten-Skitouren zum Wettkampfsport mit einem eigenen Weltcup werden, wir hätten ihm den Zirbenschnaps verboten. Hätte 1990 jemand erzählt, dass es einen 24-Stunden-Skibergsteigen-Weltrekord mit je knapp 21.000 Höhenmetern Anstieg und Abfahrt geben wird, wir hätten ihm das Bier auch noch weggenommen. Weltcup, Weltrekord - das alles gibt es heute und wer je einmal einem Skitouren-Athleten beim Training auf der Piste begegnet, kommt vermutlich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Dass Training, Wettkampf, Rekorde längst auch das Skibergsteigen erreicht haben, mag man begrüßen oder bedauern – es ist Ergebnis einer Leistungsideologie, die alle unsere Lebensbereiche durchdrungen hat. Die Entwicklung des Alpinismus in seinen vielfältigsten Spielarten vom nationalistisch-heroischen Kampf mit dem Berg über die Anfänge der Kletterszene als Gegenbewegung zum konservativ-verzopften Knickerbocker-Bergsteigen bis zum heutigen leistungs- und konsumorientierten Bergsportler modernen Typus ist eben immer auch ein Spiegelbild gesellschaftlicher Entwicklungen.

Ausrüstung und Risikomanagement

Den Skitourenboom erklärt das freilich nicht. Da gehört mehr dazu. Da ist natürlich einmal der technologische Fortschritt: Die sperrigen Bretter von damals sind zu modernen Tourcarvern weiterentwickelt worden,  Schuhe und Bindungen wiegen einen Bruchteil der schweren Teile von früher und die Bekleidung ist trendy, sexy, ja sogar stadttauglich. Dazu kommt die neue Technologie in Sachen Lawinen: Verschüttetensuchgeräte, Airbag-Rucksäcke gehören inzwischen zum Standard der Lawinenausrüstung, die Wetter- und Gefahrenprognosen sind ziemlich exakt geworden, die unverständlichen Lawinentheorien von einst sind zu praktikablen Risikomanagement-Tools mutiert.

Kontemplativer Raum 

Und dann gibt es noch die Sache mit der Seele. Die winterliche Bergwelt – egal ob sanfte Osterhorngruppe oder rassiger Dreitausender – bietet eine ganz eigene Faszination. Es ist dieses schier endlose Weiß, das nicht nur die Zivilisationssünden in der Natur oft gnädig zudeckt, sondern das auch mit seiner Stille und Weite die Gnadenlosigkeit unserer Leistungsgesellschaft erträglicher macht; das Weiß lässt das Hamsterrad zumindest erträglicher erscheinen. Es ist genau diese Ruhe der Natur, aber auch der Flow und der „meditative Modus“ des gleichmäßigen Schlurfschrittes beim Tourengehen, die das Skibergsteigen so einzigartig machen. Auspowern, Stoppuhr, Höhenmeter mögen für manche ein Kriterium sein, es sei ihnen vergönnt. Die Mehrheit der Skitourengeher ist aber wohl eher auf der Suche nach dem ruhigen und bedächtigen Bergauf und dem sanften Bergab, mit dem die Bergwelt zum entschleunigten, zum kontemplativen Raum wird.

Wer langsam geht, geht gut

Der in Bologna lebende Wahl-Salzburger Kurt Diemberger ist Erstbesteiger von zwei Achttausendern; er gehört damit zu den erfolgreichsten Alpinisten der Geschichte. Aus seiner Erfahrung hat uns Kurt Diemberger einen ewig gültigen Leitsatz mit in die Bergwelt gegeben: „Wer langsam geht, geht gut. Wer gut geht, geht weit.“ 

Lawinenwarndienst
www.lawine.salzburg.at   
Alpine Vereine
www.alpenverein-salzburg.at 
https://salzburg.naturfreunde.at
Bergführerverband Salzburg
www.bergfuehrer.at/salzburg 
Literatur
Thomas Neuhold, „Skitouren light“, Verlag Pustet, Salzburg 2015

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