Kläranlagen im Visier: „Wir können früher Maßnahmen setzen“

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Interview mit Landessanitätsdirektorin Petra Juhasz 

Corona beschäftigt uns immer noch. Welche Rolle spielen Abwasseranalysen bei der Einschätzung des Infektionsgeschehens?

Dr. Petra Juhasz: Wir können damit klären, wie hoch die Viruslast ist, also wie viele Personen infiziert sind.  Und es geht darum, ob Virusvarianten im Abwasser nachgewiesen werden können. Zum Vergleich schauen wir uns die Fallzahlen in den betreffenden Einzugsgebieten an.

Mit Analysen aus Kläranlagen kann man also schneller feststellen, wie viele Infizierte es gibt. Wie geht das?

Dr. Petra Juhasz: Wir haben Erfahrungswerte, wie viel ein Infizierter im Schnitt an Corona-Viren ausscheidet. Wenn nun die Viruslast, nehmen wir an, ca. 200 Infizierten entspricht, im Einzugsgebiet einer Kläranlage aber nur fünf Infizierte durch Testen erfasst sind, dann wissen wir, da klafft eine Lücke. 

Was schließen Sie daraus?

Dr. Petra Juhasz: Das heißt, da gibt es offenbar Infizierte mit asymptomatischem Verlauf oder es handelt sich um Infizierte vor dem Auftreten von Symptomen. Nach diesen Infizierten müssen wir uns dann gezielt auf die Suche begeben. Wir können dann auch früher Maßnahmen setzen.

Sie haben bereits erwähnt, dass auch nach Mutanten gesucht wird. Was bringt das?

Dr. Petra Juhasz: Das gibt Aufschluss darüber, wie es mit der Verbreitung der Varianten aussieht.  

Und wie sieht es damit in Salzburg aus?

Dr. Petra Juhasz: Es hat sich gezeigt, dass es sich hauptsächlich um die britische Mutation handelt. Das ist nicht überraschend: das ursprüngliche Covid-19-Virus wird, wie bereits mehrfach vermutet, von der UK-Variante zunehmend verdrängt. Was die südafrikanische Variante betrifft, konnten wir Entwarnung geben. Wir haben ja in Salzburg vier solche Cluster gehabt, in den Abwasserproben war jedoch nichts nachweisbar. Man kann also, zumindest mit Stand von Mitte März, davon ausgehen, dass es keine nennenswerte Verbreitung dieser Variante im Bundesland geben dürfte. 

Das klingt beruhigend…

Dr. Petra Juhasz: Es ist beruhigend, und es zeigt, dass wir bisher in der Eindämmung erfolgreich waren, zumindest was die südafrikanische Variante betrifft.

Und wie steht es mit der brasilianischen Variante?

Dr. Petra Juhasz: Bis Mitte März war ein Fall einer Form der brasilianischen Variante bekannt. Im Abwasser war allerdings keine brasilianische Viruslast feststellbar. Sollte es diesbezüglich zu Clustern kommen, werden wir ebenfalls umgehend Maßnahmen setzen. 

Wonach wird in Salzburg in den Kläranlagen sonst noch gesucht? Hat man Drogen im Visier, nach dem Motto „Kommissar Klospülung“?

Dr. Petra Juhasz: Natürlich könnte man auch den Drogenkonsum im Visier haben. Es fragt sich aber, welchen Mehrwert gewinnt man damit. Abwasseranalysen sind sehr aufwändig, das ist nicht so einfach wie bei Blut oder einem Serum, es handelt sich ja um ein inhomogenes Material. Und es gibt eine Reihe von Experten, die damit befasst sind und über die Drogenszene gut Bescheid wissen.  

Anmerkung: Das Interview wurde Mitte März geführt, was die Corona-Mutanten in Salzburg betrifft, handelt es sich um den Stand von Mitte März.

 

Großes Forschungsprojekt: Coronavirus im Abwasser 

Österreich ist Vorreiter beim Nachweis des Coronavirus im Abwasser. In einem groß angelegten Forschungsprojekt soll untersucht werden, ob aus dem Abwasser ein Coronaschwerpunkt in der Region erkannt werden kann. Die bisherigen Forschungsergebnisse stimmen zuversichtlich.In Salzburg werden 16 Kläranlagen unter die Lupe genommen - was dem Abwasser von 85 % der Salzburgerinnen und Salzburger entspricht. Damit bekommt man ein gutes Bild über die Corona-Situation in Salzburg. Die Abwasserproben werden 2x pro Woche entnommen und in Innsbruck von zwei verschiedenen Universitäten auf COVID-19-Viren analysiert. In der Kläranlage des RHV Großraum Salzburg in Siggerwiesen werden täglich die Abwasserproben entnommen.  Das Forschungsprojet wird großteils vom Landwirtschafts- und dem Wissenschaftsministerium finanziert. Die Länder, auch Salzburg, fördern dieses Vorhaben. Zusätzlich stecken viele Eigenleistungen der beteiligten Universitäten dahinter. In Salzburg sind insgesamt rund 97,5 % der Bevölkerung an eine öffentliche Kanalisation und in weiterer Folge an eine kommunale Kläranlage angeschlossen – das ist ein Spitzenwert in Österreich.

 

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