INTERVIEW: Wenn die Hand Probleme macht

Greifen, Halten, Zeigen, Fühlen. Die Hände sind ein Wunderwerk der Konstruktion und unentbehrliches Werkzeug und Kommunikationsmittel. Wenn die Hände in ihrer Funktion gestört sind, beeinträchtigt das die Lebensqualität massiv. Dr. Roman Straßl, Facharzt für Orthopädie und Handspezialist aus Salzburg, erklärt im Interview, was bei Problemen der Hand zu tun ist.

 

Wann beginnen für gewöhnlich die ersten Probleme mit den Händen?

Dr. Straßl: Das ist ganz unterschiedlich. Sportlich aktive Menschen oder Menschen, die Berufe ausüben, welche die Hände sehr beanspruchen – ich denke da an FriseurInnen, BlumenbinderInnen, MasseurInnen oder PhysiotherapeutIinnen und HandwerkerInnen – haben oft schon in jungen Jahren Probleme mit den Händen. Degenerative Erscheinungen treten meist erst später auf. Generell sehen wir Handspezialisten aber, dass Frauen öfter betroffen sind als Männer. Vor allem auch im Rahmen von hormonellen Umstellungen, z.B. im Wechsel.

 

Welche Alarmsignale oder Vorfälle sollten zum Handspezialisten führen?

Dr. Straßl: Alarmsignale sind z.B. ständige Belastungsschmerzen oder ein nächtliches Einschlafgefühl der Finger, was auf Nervenprobleme der Hand schließen lässt, wie das Karpaltunnelsyndrom. Aber auch ein Instabilitätsgefühl und bei sehr schweren Formen durchaus auch Verlust der Kraft, der Greiffähigkeit sowie der Feinmotorik beim Greifen.Wenn die Hand Probleme macht, sollte das raschestmöglich abgeklärt werden, denn manche Beschwerden können in einem frühen Stadium auch mit einfachen Therapien gut behandelt werden.

 

Was sind die häufigsten Krankheitsbilder der Hand?

Dr. Straßl: Besonders oft sehe ich Ringbandverengungen mit dem typischen Schnappfinger oder schnellenden Finger, aber auch das Karpaltunnelsyndrom mit Einengung des Mittelnervs auf Höhe des Handgelenks. Sehr häufig sind aber auch degenerative Veränderungen: Arthrosen der Fingermittel- oder Endgelenke oder des Daumensattelgelenks. Das Daumensattelgelenk macht wieder Frauen weitaus öfter Probleme als Männern.

 

Muss immer gleich operiert werden?

Dr. Straßl: Nein, es stehen eine Vielzahl an konservativen, das heißt nicht-operativen, Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. 

An erster Stelle stehen Physiotherapie oder Ergotherapie bei spezialisierten Handtherapeut*innen. Man kann auch selbst etwas machen: Bewegungsübungen mit Therapiebällen, die man knetet, oder Paraffinbäder tun gut.Darüber hinaus gibt es natürlich auch die Möglichkeit von Medikamenten- oder Eigenbluteinspritzungen. Körpereigenes, konditioniertes Blutplasma (ACP), das Eigenblutserum, aktiviert Heilungskräfte in dem Bereich, wo das Problem ist.

 

Was kann operativ an den Händen gemacht werden?

Dr. Straßl: Wir Handchirurgen verfügen über ein breites Operationsspektrum – von der Standardoperation bis zum hoch spezialisierten Eingriff. Viele Eingriffe sind heutzutage auch durch geringinvasive Operationsmethoden, wie der Schlüssellochchirurgie (Arthroskopie) durchführbar. Nach Verletzungen kann man z.B. Knochenbrüche stabilisieren oder in Fehlstellung verheilte Knochenbrüche korrigieren.Dann gibt es gelenkserhaltende Eingriffe, wenn Abnützungen noch nicht so ausgeprägt sind. An Sehnen werden Operationen gemacht, die die Gleitfähigkeit der Sehne wieder verbessern bzw. nach Sehnenrissen werden diese direkt genäht. Bei den Nervenengpass-Syndromen, wie dem Karpaltunnelsyndrom, wird eine Dekompression der Nervenengstelle operativ gemacht. Heutzutage stehen auch moderne Kunstgelenke für das Daumensattelgelenk, die Fingergelenke und das Handgelenk zur Verfügung. Diese Implantatsysteme werden bei fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen (Arthrose) erfolgreich verwendet um rasch eine schmerzfreie Gelenksbeweglichkeit wiederherzustellen.

 

Was kann man selbst dazu beitragen, dass die Hände möglichst lange gesund bleiben?

Dr. Straßl: Generell wäre es gut, beim Sport oder bei manuellen Tätigkeiten auf eine korrekte Handposition zu achten. Damit meine ich eine Position, die nicht überlastet und die Gelenke nicht überbeansprucht. Z.B. beim Radfahren oder Mountainbiken das Handgelenk in einer schönen, geraden Stellung halten. Oder beim Liegestütz besser an Griffen oder an der Faust abstützen und nicht an der Handfläche. Im Beruf – auch da sind wieder dieselben Berufsgruppen wie oben zu nennen – wäre es wichtig, dass man die Hand nicht permanent überbeansprucht, weil dies zu einer vorzeitigen Schädigung führen kann. Auch eine gute Hand-Muskulatur ist natürlich wichtig.

 

Was fasziniert Sie an Ihrer Spezialisierung, der Handchirurgie?

Dr. Straßl: Das für mich wirklich Faszinierende ist, dass man den PatientInnen einerseits mit sehr modernen Operationsverfahren, aber auch mit dem großen Spektrum an traditionellen, gut funktionierenden Operationstechniken ein hohes Maß an Funktionalität zurückgeben kann. Mein Ziel ist, das Gleichgewicht dieses feinbalancierten Organs wiederherzustellen und es macht mich einfach glücklich und zufrieden, wenn Grifffunktion und Schmerzfreiheit wiedergegeben sind.

 

Danke für das Gespräch!

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