Leben mit Stoffwechselerkrankungen

Im Uniklinikum werden rund 250 Kinder mit Stoffwechselerkrankungen betreut und neue Therapien entwickelt. Jeder einzelne Fall für sich ist sehr selten. Im PULS-Interview klärt die leitende Oberärztin Saskia Wortmann, über diese Störung auf.

Wie gehen Sie mit Stoffwechselerkrankungen bei Kindern um?

Dr. Saskia Wortmann: Wir versuchen mit unserer Expertise und den neuesten genetischen Techniken eine Diagnose zu erstellen und in Folge geeignete Therapien dafür zu entwickeln. Wir beschäftigen uns dabei mit angeborenen Krankheiten, wo Kinder zum Beispiel einen Eiweißbaustein nicht richtig abbauen können, und zwar nicht im Sinne einer Allergie. Diese Kinder können schwere Gehirnschädigungen bekommen, die zu Entwicklungsverzögerung führen, wenn sie ein solches Eiweiß zu sich nehmen. Die häufigste dieser seltenen Stoffwechselerkrankungen ist die Phenylketonurie. Hier geht es darum, dass ein gewisser Eiweißbaustein nicht richtig abgebaut wird. Das wird schon im Rahmen des Neugeborenen Screenings herausgefiltert. Diese Kinder bekommen von Geburt an eine Nahrung, in welcher dieser Eiweißbaustein fehlt und können dadurch in Folge ein „normales“ Leben führen.

Können sich Stoffwechselerkankungen, die in der frühen Kindheit auftreten, bis zum Erwachsenenalter wieder zurückbilden?

Dr. Saskia Wortmann: Nein. Das sind genetische Erkrankungen die bleiben. Leider werden diese Krankheitssymptome die diese Defekte verursachen im Laufe der Zeit häufig stärker. Diesen Zustand kann man mit einer andauernden Selbstvergiftung des Körpers vergleichen. Je länger der Zustand andauert, desto ausgeprägter sind die Krankheitssymptome. 

Was bedeutet es für Kinder, mit einer seltenen Stoffwechselstörung zu leben?

Dr. Saskia Wortmann: Das kommt darauf an wie sich die Stoffwechselstörung äußert. Sehr häufig haben Kinder dabei eine Beeinträchtigung mehrerer Organe, weil ja auch jedes Organ am Stoffwechselprozess beteiligt ist und betroffen sein kann. Ich denke die Kinder selbst merken es häufig gar nicht so, sie kennen es auch nicht anders und müssen z.B. ab ihrer Geburt eine spezielle Diät befolgend. Etwa bei der Phenylketonurie. Durch die notwendige Diät entwickeln die Kinder einen ganz eigenen Geschmack. Es stört sie dann auch nicht, zum Beispiel Eiweißarmes Brot oder Nudeln zu essen. Erst ab dem Moment, wo Kinder bemerken, dass sie anders sind oder anders Essen als andere, kann das Probleme verursachen. Am anstrengendsten ist dieser Umstand am Ende vielleicht für die Eltern.

Was sind die Auslöser für Stoffwechselerkrankungen? Hängen diese auch mit dem Lebensstil der Eltern zusammen? 

Dr. Saskia Wortmann: Nein. Das lässt sich leider gar nicht beeinflussen. Das ist in den Genen verankert. Man kann das nicht verhindern oder beeinflussen. Daher wird in Österreich jedes Neugeborene getestet, wenn man freiwillig mitmacht.

Wie funktioniert ein Neugeborenen Screening. Wird jedes Neugeborene getestet?

Dr. Saskia Wortmann: Alle Eltern bekommen die Testung angeboten, gut 99 Prozent der Kinder nehmen in Österreich teil. Dabei wird am 3. Lebenstag ein kleiner Piks an der Ferse vorgenommen und ein paar Tropfen Blut auf ein Filterpapierkärtchen aufgetragen. Die getesteten, angeborenen Erkrankungen kommen zwar nur selten vor, jedoch ist die frühzeitige Erkennung innerhalb der ersten Lebenstage Voraussetzung für eine wirkungsvolle Behandlung. 

Wie steht es um die weiterführende Behandlung?

Dr. Saskia Wortmann: Wichtig ist es, die medizinische Versorgung für diese seltenen Krankheiten weiterzuentwickeln. Das fängt schon damit an, die richtige Diagnose zu stellen. Das dauert oft Jahre bei diesen Patienten. Und im nächsten Schritt, die richtige Therapie zu finden. Die Diagnostik erfordert ein enormes Detailwissen, das eine meist internationale Teamarbeit über die Spezialisierungsgrenzen hinaus bedingt.

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