Weltweit leiden einer neuen Studie zufolge 65 Mio. Menschen an einem Long Covid Syndrom, das entspricht 10% aller Covid-19 Fälle weltweit! Es sind mehr Frauen als Männer betroffen, und die Altersgruppe, die am meisten an Long Covid leidet, ist zwischen 36 und 50 Jahren alt.
Viele der Long-Covid-Patienten werden als „psychisch krank“ oder sogar „psychiatrisch zu behandeln“ abgestempelt. Ursache ist, dass Long Covid sehr diffuse Symptome machen kann. Eines der schlimmsten Symptome ist die ausgeprägte „Fatigue“, also Müdigkeit. Diese tritt insbesondere nach einer oft nur leichten, körperlichen oder geistigen Anstrengung auf und führt dazu das Menschen oft tagelang unfähig sind etwas zu tun und sogar nur im Bett liegen müssen. Diese Symptome gehören zu einem Krankheitsbild, dass man auch von anderen Viruserkrankungen kennt (ME/CFS: Myalgic Encephalitis/chronic Fatigue syndrom). Auch die ausgeprägte orthostatische Tachykardie, d.h. ein sehr schneller Puls beim Aufstehen, wird oft nicht als Symptom eines Long Covid Syndroms erkannt.
Multiorganerkrankung
Long Covid ist eine Multiorganerkrankung, die neben Herzbeutelentzündung (Perikarditis), Herzschwäche (Myokarditis), Symptomen im HNO-Bereich (wie Tinnitus, Gehörverlust und Schwindel) und auch besonders schwere neurologische Störungen beinhaltet. Die neurologischen Störungen sind durch eine Entzündung und Zerstörung von Nervenbahnen, Schäden an der Netzhaut (Retina), sowie nachweislich Abnahme der Gehirnmaße gekennzeichnet. Tückisch ist auch, dass viele neurologische Symptome oft erst viel später nach einer Covid-19 Erkrankung auftauchen können, wobei die Menschen zwischenzeitlich wieder genesen und sich gesund gefühlt haben können. Auch das macht die Zuordnung zu einem Long Covid Syndrom schwieriger.
WIE KANN MAN LONG COVID BEHANDELN?
Derzeit laufen einige Studien zur Behandlung von Long Covid Syndromen, wobei die hierfür zur Verfügung stehenden Forschungsgelder für die Forschungsteams viel zu gering sind und nur einen Bruchteil der Forschungsgelder ausmachen, die für die Behandlung der Covid-19-Erkrankung selbst zu Verfügung stehen.
Derzeit gibt es leider noch kaum etablierte Therapien. Es gibt Medikamente, welche die Symptome lindern können, wie zum Beispiel Betablocker bei Tachykardie. Ein weiteres Mittel, welches bei drogenabhängigen Menschen nach der Phase des Entzuges eingesetzt werden kann (Naltrexon), wirkt in niedrigerer Dosis mildernd gegen die neurologischen Symptome bei Patienten mit Long Covid. Weitere Therapiemaßnahmen, wie ein Plasmaaustausch oder eine Apherese beziehungsweise eine hyperbare Sauerstofftherapie sind derzeit noch sehr kontrovers diskutiert.
Derzeit weiß man leider noch nicht, welche Gruppe von Patienten mit Long Covid welche Therapie benötigt.
Viele der Patientinnen und Patienten erhoffen sich, durch ein Rehabilitationsverfahren eine Besserung. Hier gilt jedoch sehr zu beachten, dass diese Patienten auf keinen Fall zu stark belastet werden dürfen, weil dies häufig zum Teil zur dramatischen Verschlechterung der neurologischen Symptome und des PEM-Syndroms (Post Exertional Malaise = Erschöpfung nach Belastung) führen kann.
SCHÜTZT DIE IMPFUNG VOR LONG COVID?
Vermutlich kann die Impfung auch das Risiko eines Long Covid Syndroms reduzieren, zumindest weisen hier erste Studien auf positive Effekte hin. Auch das derzeit am meisten verwendete Mittel Paxlovid, welches früh bei einer Covid-19 Erkrankung gegeben werden muss, reduziert nicht nur die Symptome und verkürzt die Erkrankung. Es kann anscheinend auch das Risiko von einem Long Covid Syndrom reduzieren.
Long Covid Folgen drastisch unterschätzt
In Summe handelt es sich bei Long Covid um eine schwere und oft langwierige oder sogar lebenslange Folge einer Covid-19 Erkrankung, die einen beträchtlichen Anteil von Infizierten mit Covid-19 betrifft und derzeit noch hoffnungslos unterschätzt wird. Viele Ärztinnen und Ärzte erkennen diese Erkrankung nicht und stempeln die Patienten als „psychisch belastet“ ab. Das Long Covid Syndrom kann viele Organe im Körper betreffen. Insbesondere die neurologischen und kardiologischen Probleme können hier zu einer schweren Beeinträchtigung führen und diese Patientinnen und Patienten zu Invaliden machen. Sowohl die Awareness bei Ärztinnen und Ärzten als auch beim gesamten Gesundheitssystem und die Förderung von Studien zu den möglichen Therapieoptionen sollten intensiviert werden.