Seit 34 Jahren ist er für das Rote Kreuz im Einsatz: Landesrettungskommandant Stefan Herbst spricht im PULS-Interview über seine Ziele, das Ehrenamt und Belastungen im Rettungsdienst.
Was ist Ihnen als neuer Landesrettungskommandant wichtig? Welche Ziele verfolgen Sie?
Herbst: Das Ehrenamt ist das Fundament des Roten Kreuzes. Wir sind froh, dass sich so viele Menschen im Roten Kreuz in Österreich ehrenamtlich engagieren. Unsere Aufgabe ist es die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass dies auch in Zukunft, trotz sich verändernder beruflicher und familiärer Situationen möglich bleibt. Einen Schwerpunkt lege ich auf den weiteren Ausbau des First-Responder-Systems, um Menschen in Notsituationen noch rascher helfen zu können. Bei diesem System werden Rettungs- und Notfallsanitäter in ihrem Wohnort zusätzlich zum Rettungsdienst alarmiert. Diese Rotkreuz-Helferinnen und -Helfer sind mit Notfallrucksack und einem Defibrillator ausgerüstet und können durch die geografische Nähe rasch am Einsatzort sein. Gerade in jenen Gegenden in welchen unsere Dienststellen weiter entfernt sind, bewährt sich dieses System.
Welchen Belastungen sind Retter im Beruf ausgesetzt?
Herbst: Einsätze können für Helferinnen und Helfer psychisch belastend sein. Wann ein Einsatz zur Belastung wird, hängt von vielen Faktoren ab. Gerade Einsätze mit Todesfolge oder Einsätze mit Kindern, gehen den Einsatzkräften nahe und erfordern oftmals eine Nachbearbeitung. Wir bieten hierfür im Roten Kreuz das sogenannte „SVE-System“ an. SVE steht für Stressverarbeitung nach belastenden Einsätzen. Speziell geschultes Personal steht bereit und unterstützt im persönlichen Gespräch bei der Verarbeitung des Ereignisses.
Wie viele ehrenamtliche Helfer arbeiten für das Rote Kreuz in Salzburg. Wären wir ohne sie in einer schlechteren Lage?
Herbst: Im Roten Kreuz Salzburg engagieren sich rund 5.000 Ehrenamtliche, davon sind rund 3.000 Kolleginnen und Kollegen im Rettungs- und Krankentransportdienst tätig. Was viele Menschen nicht wissen: Im Bundesland Salzburg wird der Nachtdienst und die Wochenend- und Feiertagsdienste überwiegend ehrenamtlich besetzt. Würde man einen hauptberuflichen Rettungsdienst anstreben, stünde uns nur noch ein Bruchteil an geschultem Personal zur Verfügung. In Großschadenslagen oder gar Katastropheneinsätzen wären wir ohne Ehrenamtliche nicht in der Lage, unsere Hilfe in der nötigen Form zu erbringen.
In welchen Bereichen sollte das Rote Kreuz besonders gestärkt werden?
Herbst: Wir hoffen, dass ehrenamtliches Engagement auch weiterhin in der Bevölkerung verankert bleibt. Der Zivildienst und das Freiwillige Soziale Jahr sind für junge Menschen eine wertvolle Erfahrung in einem sozialen Berufsumfeld und daher oft für eine spätere Berufswahl entscheidend. Diese Dienste sind für den gesamten Gesundheits- und Sozialbereich eine große Bereicherung.
Wie sieht es mit der Vorhaltung von Ausrüstung aus? Sind Sie zufrieden damit?
Herbst: Im Rettungs- und Notfalldienst sind wir täglich unterwegs und müssen unser Material laufend überprüfen und entsprechende Reserven vorhalten. In der Krisen- und Katastrophenhilfe gab es jahrelang Bestrebungen mehr investieren zu können. Heuer wurde hierfür erfreulicherweise das Bundesgesetz zur Unterstützung von Rettungs- und Zivilschutzorganisationen im Parlament einstimmig beschlossen. Ziel dieses Bundesgesetzes ist es, Investitionen zur Steigerung der Resilienz und Leistungsfähigkeit der Rettungsorganisationen im Krisen- und Katastrophenfall zu unterstützen.
Stichwort Digitalisierung – welche konkreten Pläne gibt es in diesem Bereich?
Herbst: Mittlerweile findet nicht nur die Einsatzsteuerung im Fahrzeug auf einem Bildschirm statt, sondern auch die gesamte Dokumentation der Patientenanamnese. Auch organisationsintern laufen die Vorbereitungen zu einem weiteren großen Digitalisierungsprojekt. Wir wollen eine Applikation entwickeln, um wichtige Informationen zeitnah rasch und einfach allen Rotkreuz-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern übermitteln zu können.
Stefan Herbst
Nach der erfolgreichen Absolvierung der HTL-Braunau arbeitete der heute 52-jährige Pinzgauer 15 Jahre im Key-Account-Bereich eines Mobilfunkanbieters. Nebenberuflich machte er in dieser Zeit ein Studium zum Wirtschaftstrainer an der Universität Salzburg. Seit 2010 war er Bezirksgeschäftsführer des Roten Kreuzes für den Pinzgau und wurde 2023 stellvertretender Landesrettungskommandant. Zuletzt wurde er mit 1. September 2023 Leiter des Rettungsdienstes und übernahm schließlich am 20. Oktober 2023 das Amt des Landesrettungskommandanten. Herbst ist Vater von drei Kindern und lebt mit seiner Familie in St. Martin bei Lofer.