Sexueller Missbrauch ist Seelenmord

von Dr. Dr. Maria M. Ruby

 

Sexueller Mißbrauch und Pädophilie.  Sexuelle Übergriffe gegen Kinder machen einen Großteil der angezeigten Sexualstraftaten aus. Mit einem besseren Verständnis der Ursachen gehen auch neue Möglichkeiten der Behandlung sowie der Prognose bei Personen mit besonderem Risikoprofil einher.

 

Sigmund Freud beschäftige sich erstmals mit sexuellem Mißbrauch von Kindern. Seine Verführungstheorie nahm er,wohl unter gesellschaftlichen Druck zurück. Freud musste, so lautete die anerkannte Lehrmeinung, seinen Irrglauben aufgeben, um die Wahrheit von der Macht der inneren Phantasie und der spontanen kindlichen Sexualität entdecken zu können.Die kontradiktorische Vernehmung von Kindern  im Ermittlungsverfahren besteht in Österreich seit 1993 und wurde 1998 erweitert. (Die Kontradiktorische Vernehmung im Ermittlungsverfahren ist aus Sicht des Opferschutzes eine große Errungenschaft für minderjährige Opfer von Gewalt. Rahmenbedingungen, die die Psychodynamik und den Entwicklungsstand der Betroffenen berücksichtigen, sind nicht nur entlastend für die Zeugen, sondern können auch einen Beitrag leisten, die Qualität der Aussage zu verbessern. Vgl. Neudecker, Birchbauer). Als Sachveständige war ich erstmals 1997 bei der Aufdeckung eines Pädophilenringes in Bad Goisern tätig. Bei der Kontradiktorischen Vernehmung fiel auf, dass die  Buben weniger vom Mißbrauchsgeschehen erzählten, als auf den Filmen und Fotos dargestellt war. Es handelte sich auch um Kinder ,die sich nicht an Ihre Eltern wenden konnten. (Überforderte alleinerziehende Müttern, Anspannung in der eigenen Familie etc) Schamgefühle, unterdrückte eigene Lustanteile (vor allem bei den Älteren ), Sehnsucht nach Zuwendung  trug dazu bei, dass sich die Kinder niemanden anvertrauten.

 

Wer ist Pädophil?

Pädophil ist laut Hirnforschung jener, der eine Neigung dazu hat, wenn er beim Betrachten von Fotos nackter Kinder in genau jenen Gehirnregionen aktiviert wird, die bei Nicht-Paedophilen durch nackte Erwachsener angeregt werden. Zudem fehlt bei Paedophilen eine Impulskontrolle. Die erhöhte Impulsivität erfolgt durch eine eingeschränkte Ich-Funktion und Selbstintegration. Eine hohe Abwehrstruktur beim Täter, wie Verleugnung, fundamentale Abspaltung verhindert, dass sich die Betreffenden Hilfe holen. Die Ursachen werden früh, auch schon im Mutterleib gesehen, sowie auch eine Entwicklungsstörung im Gehirn, sodass sich diese Veranlagung ausprägt. In psychoanalytischen Beiträgen wird bei pädophilen eine hochgradige ambivalente Mutterbeziehung beschrieben, aber auch oftmals das Fehlen der Vaterrepräsentanz. Ein innerer Drang führt zum Wiederholungszwang und hat Suchtcharakter. Oftmals waren Paedophile auch selbst Opfer eines sexuellen Mißbrauch. In diesem Fall hilft eine Traumatherapie. Neben medikamentöser Behandlung ist eine tiefenpsychologische Psychotherapie notwendig. Ähnlich wie bei Suchterkrankungen kann zusätzlich ein neuropsychologisches Trainingsprogramm, zur Decodierung des unbewussten Programms, wirksam sein. All diese Überlegungen sollen schließlich in die psychodynamische Behandlung einfließen.

 

Frauen missbrauchen eher Kleinkinder

In einer Studie 2015 (Christian Joyal Universität Quebec) geben 1,8 Prozent der Männer und 0,8 Prozent der Frauen an sexuelle Fantasien mit Kindern unter 12 Jahren zu haben. Dass Frauen weniger angezeigt werden hängt damit zusammen, dass Opfer häufig Kleinkinder sind und die Täterinnen weniger Spuren hinterlassen. Frauen missbrauchen zehn Mal häufiger Buben als Mädchen (Vgl. Weiblichkeit und Perversion, Klaus M. Beier) In meiner Praxis hatte ich von 120 Mißbrauchstätern nur eine Frau. Diese hat ihren schwer behinderten Sohn mißbraucht.


Langwierige Therapie

Sexuelle Ausbeutung von Kinder ist eine Handlung bei dem ein Kind infolge seiner emotionalen und intellektuellen Entwicklung nicht in der Lage ist dieser frei zuzustimmen. Dabei wird das Machtverhältnis vom Erwachsenen ausgenützt. Schwerwiegende Folgen in der seelisch, geistigen Entwicklung des Kindes ist die Verletzung der Identität. In der Psychotherapie ist die Bearbeitung der    Traumafolgen langwierig. Abgespaltene Gefühle und Ohnmachtserlebnisse müssen aufgelöst werden. Die Wiederbelebung schmerzlicher Erfahrungen sind nach Bewußtwerdung des Mißbrauchs (der ja oft verdrängt; verleugnet wurde) Thema. Es bedarf einer umsichtigen, einfühlsamen Therapieform.

Zurecht wird sexueller Mißbrauch als Seelenmord (vgl. Ursula Wirtz) bezeichnet.

 

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