PSYCHOLOGIE: Wann beginnt Untreue?

Diese Frage wird von Frauen in der Regel anders beantwortet als von Männern. Was daran liegt, dass Untreue für Frauen früher beginnt. Männer sind hier, zumindest wenn es um sie selbst geht, oftmals durchaus aufgeschlossener und flexibler. Der Punkt, an dem das Gefühl eintritt, dem eigenen Partner untreu zu sein, stellt sich jedoch zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein.

 

Frauen reagieren bei der Frage nach Untreue schneller und bekommen überdies auch früher ein schlechtes Gewissen. Während Männer
einen Flirt gerne noch als harmlos ansehen, neigen Frauen meist dazu ein schlechtes Gewissen zu entwickeln, überhaupt nur darüber nachzudenken, sich auch zu jemanden anderen hingezogen zu fühlen
als „nur“ zum eigenen Partner. Insgesamt kann man jedoch sagen, dass ein Seitensprung, in welcher Form auch immer, stets einen Hunger nach emotionaler Wertschätzung und einer Form von Beziehung darstellt. Wobei es hier sehr häufig überhaupt nicht um außerpartnerschaftliche sexuelle Beziehungen per se geht, sondern vielmehr um ein Gefühl von Anerkennung, Interesse und insbesondere auch darum Zeit geschenkt zu bekommen.

 

Verpflichtungen statt Romantik

Allesamt Dinge die in einer modernen Partnerschaft immer mehr verloren gehen. Viele Paare lieben sich zwar, vergessen aber es dem anderen auch wirklich zu zeigen und insbesondere auch zu sagen. Stattdessen dreht sich das gemeinsame Leben ausschließlich um Verpflichtungen, Beruf, Haushalt und Kindererziehung. So bleibt oft gar kein Platz mehr für romantische gemeinsame Abende, schöne Gespräche und intime Zweisamkeit.
Vielmehr lebt man basierend auf einer emotionalen Selbstverständlichkeit nebeneinander her und übersieht es dabei häufig im Alltag emotional zu vereinsamen. Jeder Partner für sich. Und das, obwohl man eigentlich zusammenlebt und sich gut versteht. Aus Liebe wird im Alltag so häufig ein reibungsloses nebeneinander funktionieren. Die täglichen Abläufe sind kognitiv fix abgespeichert und geschehen, ohne darüber nachzudenken jeden Tag gleich, ebenso wie die partnerschaftliche Kommunikation, welche sich häufig gleich routiniert gestaltet wie der Abwasch nach dem Abendessen. Auf diese Art und Weise weiß man zwar, dass der andere (die andere) da ist und man sich auch aufeinander verlassen kann, es ist aber irgendwann mehr eine Zweckgemeinschaft als eine Liebesgemeinschaft. Eine Entwicklung, die keiner der beiden Partner auch nur ansatzweise forciert oder gar gewollt hat, dennoch passiert es sehr vielen Paaren sich so im Alltag zu verlieren.

 

Unkomplizierte Aufmerksamkeit

Und genau dieses gegenseitige Verlieren führt dann häufig dazu auf anderen Ebenen für Komplimente und Aufmerksamkeit sehr empfänglich zu werden. Außerhalb der eignen Routinen gibt es da vielleicht plötzlich wieder jemanden der einem Komplimente macht und auf die eigene Persönlichkeit positiv reflektiert. Es gibt keine Vorwürfe, warum man sich zu wenig um Belange rund um den Haushalt kümmert, keine Diskussionen über Überstunden oder schlechte Noten der Kinder. Plötzlich gibt es da (wieder) jemanden mit dem alles ganz leicht und unkompliziert zu sein scheint und man beginnt für diesen Zustand der Leichtigkeit eine ausgesprochen hohe Affinität zu entwickeln und neue Prioritäten zu setzen. Der doch schon langweilig gewordene Alltag rückt zusehends in den Hintergrund, während die Hormonausschüttung in den Vordergrund rückt. Die ganze Welt wirkt wieder heller, freundlicher und auch kribbeliger - insbesondere rund um die Magengegend. Wo vorher noch Magenschmerzen rund um etwaige Grundsatzdiskussionen waren, ist jetzt das wohlig warme Gefühl begehrt zu werden und ganz ohne Vorwürfe so sein zu dürfen, wie man ist. Und insbesondere auch wieder so gesehen zu werden, wie man ist. Nämlich als Mann oder Frau. Mit allen Reizen.

 

Gefühl zur handlung

Ab wann dieses Verhalten sich außerhalb der eigenen Partnerschaft wohlzufühlen als Untreue bezeichnet werden kann ist Interpretationssache. Spätestens jedoch, wenn den Gefühlen auch Handlungen folgen und man eines morgens (nachmittags, oder abends) nicht mehr neben dem eigenen Partner aufwacht. Dann hat man es definitiv übersehen treu zu bleiben. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch weniger tiefgreifende Formen der Untreue. In diesen Fällen geht es dann gar nicht darum von jemanden anderen Aufmerksamkeit und emotionale Wärme vermittelt zu bekommen, sondern lediglich um einen hormonellen Ausgleich, da dieser aus Zeitmangel in der Partnerschaft in letzter Zeit möglicherweise etwas zu kurz gekommen ist. Dann kann es schon mal passieren, dass man am Abend beim Fortgehen den eigenen Hormonen unterliegt und darauf vergisst rechtzeitig „nein“ zu sagen. Eine Handlung, die im Normalfall jedoch mit unglaublich viel schlechtem Gewissen verbunden ist und zudem einen meist nicht wieder gut zu machenden Schaden hinterlässt. Ist in einer Beziehung das Vertrauen hinsichtlich der gegenseitigen Treue und Verlässlichkeit einmal verletzt worden, bleibt ein ewiger Schatten auf der Beziehung zurück. Woher soll der / die andere Person auch wissen, dass es beim nächsten Soloabend nicht wieder passiert? Deshalb sollte man hier (zumindest aus psychologischer Sicht) im Vorfeld immer gut überlegen, ob es der Reiz der Situation auch tatsächlich wert ist, dadurch alles andere auf‘s Spiel zu setzen. Was man im Endeffekt mit Sicherheit tut. Selbst wenn es nur ein unbedeutender One-Night-Stand war, wird das oftmals jahrelange Vertrauen in einer Beziehung durch diesen einen Schritt für immer angekratzt und führt oftmals auf längere Sicht dann auch zu Trennungen.

 

Liebe beruht auf Vertrauen und Toleranz

Zusammenfassend gilt es zu sagen, dass eine glückliche Beziehung immer auf einem liebevollen und auch toleranten miteinander beruht. Aber auch auf Vertrauen, welches man weder durch zu viel noch durch zu wenig Toleranz kaputt machen sollte. Und ob ein Verhalten tatsächlich schon untreu ist und dieses gegenseitige Vertrauen gefährdet, kann basierend auf einer ganz einfachen Faustregel von jedem selbst beantwortet werden. Nämlich in dem Sie sich die Frage stellen, wie es Ihnen umgekehrt damit ginge. Wie würden Sie reagieren, wenn Ihre Frau / Ihr Mann genau das täte, was Sie getan haben, oder vorhaben zu tun? Würde es Sie verletzen?Durch diesen selbstehrlichen! Perspektivenwechsel bekommen Sie sofort ein Gefühl dafür, wie weit Sie gehen sollten. Oder auch nicht. Was meist mit Sicherheit die bessere Lösung ist! Wobei die allerbeste Lösung ohnehin immer ein gemeinsames Gespräch ist, in dem man klar kommuniziert, was man möglicherweise vermisst und sich vom anderen wünscht. Denn solange in der eigenen Beziehung alles in Ordnung ist, gibt es überhaupt keinen Grund für Untreue.

 

von DDr. Sabine Viktoria Schneider

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